Stolpersteine in Stadtoldendorf - die Initiative

Ute Siegeler auf dem jüdischen Friedhof in Arholzen (2003) mit dem neu gefertigten Gedenkstein (2003) ihres Urgroßvaters Moses Rothenberg (1840-1912) (Foto: Sascha Siegeler)
Ute Siegeler auf dem jüdischen Friedhof in Arholzen (2003) mit dem neu gefertigten Gedenkstein (2003) ihres Urgroßvaters Moses Rothenberg (1840-1912) (Foto: Sascha Siegeler)
Stolpersteinlegung 2010 auf dem Marktplatz: v. l. n. r.: Jonas, Birgit, Barbara, Hans-Joachim, Elisabeth, Klaus, Ulrich, Gunter, Jens und Ute (Foto: Annette Jeschke)
Stolpersteinlegung 2010 auf dem Marktplatz: v. l. n. r.: Jonas, Birgit, Barbara, Hans-Joachim, Elisabeth, Klaus, Ulrich, Gunter, Jens und Ute (Foto: Annette Jeschke)

 

 

Zu Beginn des neuen Jahrtausends begibt sich Ute Siegeler aus Borken (Westfalen) auf die schmerzliche Reise zu ihren jüdischen Wurzeln. Sie besucht die jüdischen Friedhöfe in Arholzen und Stadtoldendorf, entdeckt dort zahlreiche Familiengräber, streift durch die Gassen der Kleinstadt, nimmt die ehemaligen Wohnorte in Augenschein und muss feststellen: "ja, ein zentraler Lebensmittelpunkt meiner Familie war tatsächlich Stadtoldendorf!"

 

Ute ist eine Nachfahrin der Familien Löwenstein, Rothenberg, Rosenhain und Wallhausen. Deren Nähe kann Ute - bis heute - vor Ort spüren! Sie fühlt sich bestätigt: diese Familienschicksale dürfen niemals vergessen werden. Ute wünscht ein Gedenken, eine Ehrung, auch als Mahnung, öffentlich sichtbar.

Sie will "Stolpersteine" initiieren.

 

Dank Utes Engagement erinnern seit dem 15. Dezember 2007 in Stadtoldendorf elf "Stolpersteine" an die Schicksale jüdischer Bürger.

Utes Mut und ihre Beharrlichkeit werden dabei aktiv von Klaus Kieckbusch (Pädagoge, Historiker aus Holzminden) unterstützt. Die anfänglichen "administrativen Widerstände" helfen Klaus Kieckbusch, Charly Kraft, Walter Keitel und Immo Lenz zu beseitigen.

Den Festakt zur ersten Stolpersteinlegung gestaltet eindrucksvoll die Haupt- und Realschule. Die berührende Festrede hält Klaus Kieckbusch.

 

Im Februar (2007) konnte ich Ute bei der Stolpersteinlegung in Höxter persönlich kennenlernen, wenig später sind wir Freunde, was mich sehr ehrt!

Fortan gehöre ich zum Kreis der Initiatoren.

 

Die zweite Erinnerungssteinlegung (15 "Stolpersteine") erfolgt am 15. November 2009. Ich suche und finde den Kontakt zu weiteren Angehörigenfamilien.

Richard Wolff, zusammen mit seinen Söhnen (Zürich/Wien), und David Matzdorf (London) sind gewillt, sich auf eine Zeitreise in die grausige Vergangenheit einzulassen.

Sie besuchen Stadtoldendorf und nehmen auch am Festakt teil - eine besondere Ehre, ein besonderes Privileg für Stadtoldendorf!

 

Richard Wolff, als unmittelbar Betroffener, resümiert: "ist es nicht auch schön und hoffnungsvoll, wie aus soviel Elend, Leid und Schuld neue Freundschaften entstehen können?"

 

Seit 2009 unterstützt Hans-Joachim Heptner die Initiative organisatorisch. Hans-Joachim gilt als "Korrektiv" (konstruktiv kritischer Begleiter) und darüber hinaus als Mentor dieses Internetauftritts.

 

Am 10. Dezember 2010 legt der Kölner Künstler Gunter Demnig zum dritten Mal "Stolpersteine" in Stadtoldendorf: drei Erinnerungssteine für die Familie Frank - auf Wunsch des mehrfachen Urgroßneffen Ulrich Hausmann. Da die Angehörigen sich gegen einen offiziellen Festakt aussprechen, erfolgt die Stolpersteinlegung im privaten Rahmen.

 

Am 06. Oktober 2011 besuchen Ana und Gerardo Rosenhain aus Buenos Aires Stadtoldendorf - eine ganz besondere Ehre, ein weiterer Höhepunkt bezüglich Erinnerung vor Ort. Der geplante Besuch zur zweiten Stolpersteinlegung im November 2009 war zuvor an den nicht zu sichernden Reisekosten gescheitert.

 

Die vierte Stolpersteinlegung (3 Steine) findet am 28. März 2014 statt. Ana und Gerardo Rosenhain besuchen erneut Stadtoldendorf - ihr Vater Heinz Rosenhain erhält einen Stolperstein.

 

15. Juli 2015: Ute verstirbt nach kurzer, schwerer Krankheit.

 

 

 

Kriterien

 

Die Kriterien für eine Erinnerungssteinlegung vor Ort unterliegen bzw. unterlagen einem Prozess. Entscheidend ist und war immer der Bezug zu Stadtoldendorf. So sollte die/der zu Ehrende in Stadtoldendorf geboren und/oder aufgewachsen sein oder hier vor Ort gelebt haben - unabhängig von ihrem/seinem weiteren Schicksal.

 

Falls (weitere) Angehörige "Stolpersteine" für ihre Familienmitglieder wünschen, so werden wir jene selbstverständlich in ihrem Anliegen unterstützen und weitere Erinnerungssteine initiieren.

 

Kritische bis ablehnende Haltungen von Angehörigenfamilien bezüglich des Erinnerungs- und Ehrungsprojektes "Stolpersteine" wurden und werden selbstverständlich respektiert und beachtet.

 

 

 

"Stolpersteine" erinnern an:

 

Arthur Braun

Helene Braun, geb. Kunert

Klara Braun

Herbert Frank

Hugo Frank

Hermann Fröhlich

Leo Fröhlich

Clara Grünewald, geb. Frank

Paul Heinberg

Marianne Hilb, geb. Wolff

Louis Lindemeyer

Ernst Löwenstein

Grete Johanna Löwenstein, geb. Wallhausen

Helmut Löwenstein

Hermann Löwenstein

Margot Löwenstein

Alice Matzdorf, geb. Frank

Wilhelm Matzdorf

Klara Meyer, geb. Winkler

Erna Rosenhain

Heinz Rosenhain

Julius Rosenhain

Julius Rothenberg

Lydia Rothenberg, geb. Meyer

Cäcilie Stein, geb. Löwenstein

Hildegard Stein

Julius Stein

Charlotte Wallhausen, geb. Gottlieb

Kurt Wallhausen

Theodor Wallhausen

Gertrud Wolff, geb. Ostwald

Dr. Richard Wolff

 

 

 

"... möglicherweise vergeben, verzeihen könnten nur die Opfer selbst - wir können sie aber nicht befragen! Gleichwohl, die Begegnungen mit den Angehörigenfamilien Siegeler, Matzdorf, Wolff, Hausmann und Rosenhain wirken "heilend": die Wunden, die die Nazis gerissen haben, können vernarben!

Nicht, dass sich ein Kreis schließen würde, aber "Stadtoldendorf" scheint auf dem richtigen "Weg" zu sein - wenn auch mit Verspätung."

 

© Jens Meier, 2011